Unternehmensnachfolge: Das Tabuthema der Seniormanager

Laut dem IfM Bonn müssen sich in Deutschland jährlich ca. 71 000 Familienunternehmen dem Thema Unternehmensnachfolge stellen. Daraus ergibt sich ein großes Problem, da für die Eigentümer die Unternehmensnachfolge oft ein Tabuthema ist. Sie sträuben sich davor, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, obwohl das Unternehmen häufig ihr wirtschaftliches Erbe darstellt. Es ist daher mehrfach zu beobachten, dass wirtschaftlich gesunde Unternehmen, aufgrund mangelnder Vorkehrung, aufgelöst werden müssen.

Familienunternehmen sollten heute schon an morgen denken

Vor allem in Familienunternehmen gestaltet sich dieses Thema zunehmend schwierig. Für erfolgreiche Geschäftsführer und Eigentümer ist es meist die größte Hürde zu begreifen, dass eine Übergabe in naher Zukunft wohl nicht zu vermeiden sein wird. Dies zu akzeptieren und die Umsetzung aktiv voranzutreiben ist für die meisten ein Prozess, bei dem Perspektivlosigkeit und das Gefühl von Nutzlosigkeit aufkommen. Die bevorstehende Übergabe sollte jedoch viel mehr als Chance angesehen werden. Auch wenn die Kinder kein Interesse am Familienbetrieb zeigen und lieber ihren eigenen Plänen nachgehen, ist es möglich einen durchaus fähigen und geeigneten Nachfolger ausfindig zu machen und für sich selbst die Zukunft neu zu gestalten.

Das Lebenswerk in gute Hände geben

Doch wer möchte schon sein Lebenswerk in die Hände „irgendeines“ Außenstehenden legen, den man womöglich nicht einmal persönlich kennt? Darum ist es ratsam, sich nicht davor zu scheuen, einen Berater oder Coach zu kontaktieren, der persönlich nicht mit dem Unternehmen verbunden ist. Die meisten Unternehmer suchen erst einmal selbst im persönlichen Netzwerk nach einer geeigneten Nachfolge. Viel effektiver wäre es, die Suche öffentlich zu gestalten. So kann ein weites Feld an Interessierten erreicht und dadurch die Auswahl an potentiellen Bewerbern enorm vergrößert werden.

Als Senior muss man sich über die zukünftige Ausrichtung und Führung des Unternehmens im Klaren sein. Vor allem ist es wichtig sich mit dem Gedanken anzufreunden, die Arbeit in fremde Hände zu geben. Ein kompetenter Berater als Person des Vertrauens kann die Formalitäten regeln, sowie die Suche und den späteren Führungswechsel mit Hilfe des nötigen Wissens systematisch vorantreiben. Denn viel schlimmer als die Übergabe, ist es, wenn das über viele Jahre oder Jahrzehnte aufgebaute eigene Werk am Ende vor dem Aus steht.

Ohne Kompromiss keinen Nachfolger

Die meisten Unternehmensnachfolgen scheitern jedoch nicht zu Beginn der Suche, sondern vielmehr während der Verhandlungsgespräche. Die größten Probleme sind dabei laut dem IfM Bonn die Finanzierungsschwierigkeiten von Seiten des Nachfolgers sowie die Einigung auf einen Kaufpreis, der für beide Seiten akzeptabel ist. Wenn dann kein Kompromiss gefunden werden kann, muss die Suche von vorn beginnen. Um dies zu umgehen, sollte ein Berater vermitteln und hilfreiche Informationen hinsichtlich Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten bereitstellen.

Der Eigentümer sollte außerdem bedenken, dass der Prozess des Führungswechsels bis zu einem Jahr dauern kann. Meist ist es zusätzlich sinnvoll, eine Übergangsphase einzuplanen, während der der abgebende und der zukünftige Eigentümer zusammen im Unternehmen tätig sind. Damit die Übergabe funktioniert, sollten jedoch klare Regeln aufgestellt werden, um die Entscheidungsbefugnis und den Verantwortungsbereich genau festlegen zu können. Daraus ergeben sich folgende Vorteile für beide Seiten: Der Alt-Eigentümer wird langsam von seinen Pflichten entbunden und steht nicht von „heut auf morgen“ ohne Aufgaben da. Der Nachfolger hingegen kann sich kontinuierlich in den Geschäftsalltag einarbeiten und von den Erfahrungen des bisherigen Inhabers profitieren.

Fazit

Unfall, Krankheit oder Tod sind für Unternehmen, die unvorbereitet getroffen werden, meist nur sehr schwer oder gar nicht zu bewältigen. Deshalb sollte in jedem Fall rechtzeitig an eine Unternehmensnachfolge gedacht und eingeleitet werden. Für einen erfolgreichen Verlauf des Nachfolgeprozesses ist ein offener Umgang mit Problemen und Tabus entscheidend. Nur so ist es möglich, zu einem zufrieden stellenden Ergebnis zu gelangen.

Literatur:

Schlömer, N.; Kay, R. (2008): Familienexterne Nachfolge – Das Zusammenfinden von Übergebern und Übernehmern. In: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (Hrsg.): IfM-Materialien, Nr. 182, Bonn

Autor: Susanne Müller, Christian Wewezow