Internationale Kommunikation in mittelständischen Unternehmen – Eine Analyse und Entwicklung von Perspektiven

Globalisierung ist längst nicht mehr Sache großer Konzerne. Mittelständische Unternehmen zählen bereits seit einigen Jahren zu den Antreibern der globalisierten Unternehmenswelt. Neben der Produktion werden auch immer mehr neue Absatzmärkte in anderen Ländern für Mittelständler überlebenswichtig. Eine große Herausforderung wird dabei an die Kommunikation gestellt. Wer kommuniziert mit wem in welcher Sprache? Welche Kommunikationswege sind effizient, welche führen ins Nirwana? Wie können lokale Einflüsse berücksichtigt werden, ohne dass die Unternehmensstrategie vernachlässigt wird?

China baut die Infrastruktur aus und automatisiert die Industrie – für viele Mittelständler vor allem deshalb ein wichtiger Markt. In einem Beitrag der Financial Times Deutschland aber wird deutlich, dass Osteuropa bei den Auslandstätigkeiten der Mittelständler noch höher in der Gunst steht. Als einer der Gründe wird die kulturelle Nähe zum Heimatmarkt genannt. Für die Kommunikation hat das sicherlich nennenswerte Vorteile, konkrete Hürden wie Sprache, Zusammenarbeit, Abstimmungen etc. sind aber dennoch zu meistern. Auch die Distanz stellt ein weiteres Argument dar.

Für einen erhöhten Bedarf an professionellem Management internationaler Kommunikation sprechen auch die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2004 des Bundesverbands der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW) und der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Hiernach stehen Vertrieb und Marketing an zweiter Position der Aktivitäten, die Mittelständler im Ausland durchführen und planen. Nur die – tendenziell weniger kommunikationsbedürftige Produktion (Spitzenreiter ist dabei nach wie vor Südostasien) – hat im Vergleich zu Vertrieb und Marketing noch eine höhere Bedeutung im Bereich der Tätigkeiten im Ausland.

Da Kommunikation im Allgemeinen ein sehr breit angelegtes Themenfeld ist bearbeitet der Autor in seiner dieser Zusammenfassung zugrunde liegenden Arbeit zunächst einen Teilbereich intensiver. Der Schwerpunkt dieser Ausarbeitung liegt daher bei dem Thema internationale Public Relations. Nach einer kurzen theoretischen Einführung gibt die Arbeit Einblicke in den aktuellen Umgang mit internationaler PR in mittelständischen Unternehmen und zeigt Ansätze von Perspektiven auf.

Wenige theoretische Grundlagen erfordern Improvisationsgeist

Die meisten Themenfelder der Kommunikationswissenschaften erfreuen sich tiefgründiger theoretischer Fundierung, der Bereich internationale Kommunikation hingegen wurde bis dato nur sehr spärlich behandelt. Auch ein gezielter Fokus auf mittelständische Bedürfnisse ist noch nicht vorhanden. Da Kommunikation immer stärker eine erfolgsentscheidende Bedeutung in international tätigen Unternehmen zugetragen bekommt, sollten kommunikationstheoretische Zusammenhänge gerade auch bei den eher pragmatisch handelnden Unternehmern auf Interesse stoßen.

Durch die internationale Tätigkeit eines Unternehmens verändern sich die internen und externen Öffentlichkeiten (vgl. Eckardt/Köhler/Pries 1999: 20) und die wachsende Macht der Medien birgt für die Unternehmen die Gefahr der plötzlichen und nachhaltigen Beeinflussung des Unternehmensschicksals (vgl. Johanssen 2001: 107). Hinzu kommt, dass unterschiedliche Themen und Aktionen von Unternehmen in verschiedenen Ländern unterschiedliche Reaktionen auslösen können, was eine gründliche Analyse der kulturellen Unterschiede notwendig macht.

Schon innerhalb Europas existieren beträchtliche kulturelle Unterschiede, die für die internationale PR besondere Bedeutung haben. „Zu oft wird auf zentraler Ebene der Fehler gemacht, Europa über einen Kamm zu scheren“, schreiben Herd/Wilke in ihrem Artikel über PR-Erfolg in der EU (Herd/Wilke 2004: 44). Redaktionen nationaler wie internationaler Medien reagieren z.B. auf Pressemitteilungen im Länder übergreifenden Vergleich sehr unterschiedlich und stellen dadurch sehr verschiedene Anforderungen an PR-Verantwortliche.

Aspekte internationaler Kommunikation in mittelständischen Unternehmen

Länder und Sprachen

Viele Unternehmen versuchen, mit möglichst wenigen Sprachen möglichst viele ihrer Zielländer anzusprechen. Manche verlassen sich dabei auf Englisch als einzige Sprache, die international verwendet wird, andere nutzen weitere Sprachen wie z.B. Spanisch, Französich und Holländisch, um möglichst viele der Dialoggruppen in ihrer Landessprache zu erreichen. An der Zahl der verwendeten Sprachen messen Unternehmen zum Teil auch ihren Professionalisierungsgrad.

Kommunikationsarbeit wird in den ausländischen Märkten und Standorten der Unternehmen in der Regel erst seit wenigen Jahren intensiver betrieben. Diese, meist von der Zentrale gesteuerten Kommunikationsaktivitäten haben sich erst in verhältnismäßig naher Vergangenheit entwickelt (z.B. abhängig von einer bestimmten internationalen Marke, die ein Unternehmen auf den Markt bringt). Ein Börsengang ist auch für mittelständische Unternehmen ein Datum, bei dem der Kommunikation eine deutlich stärkere Bedeutung zugesprochen wird und gegebenenfalls völlig neu in die Unternehmensstruktur eingebunden wird.

Organisation und Prozesse

Gute Unternehmenskommunikation setzt nicht nur eine klare und transparente Struktur voraus, sondern auch, dass alle Mitarbeiter eines Unternehmens mit in diese Aufgabe eingebunden werden. Gerade über Ländergrenzen hinweg spielt diese Voraussetzung eine besondere Rolle und fordert gleichzeitig eine wachsende Anforderung an die Sprachenkompetenz der Mitarbeiter.

Bezüglich der Organisation von Kommunikation zeichnet sich in der Befragung ein sehr diffuses Bild ab. Die strukturelle Einbindung von Kommunikation in den Unternehmen gestaltet sich sehr unterschiedlich und weist i.d.R. keine klare Einordnung auf. Unternehmenskommunikation findet sich sowohl als Stabstelle, angegliedert an die Unternehmensleitung (z.B. an den Vorstandsvorsitzenden), als untergeordnete Marketing-Disziplin oder als zusätzliche Aufgabe des Geschäftsführers wieder. Ein Unternehmen folgt der Einstellung, dass Kommunikation jeden Mitarbeiter betrifft. Aus diesem Grund gibt es dort bisher keine eigene Abteilung, die koordinierend Einfluss nimmt. In diesem Fall werden kommunikative Grundsätze von der Unternehmensleitung vorgelebt und somit auf die Mitarbeiter übertragen.

Professionalisierung und Qualifizierung

Das Thema Professionalisierung steckt in Folge der bisherigen kurzen Entwicklungsphase internationaler Kommunikation ebenfalls noch in den Kinderschuhen. Die Qualifizierung im Umfeld der Unternehmenskommunikation weist einen stark wachsenden Professionalisierungsgrad auf, was als Folge der wachsenden Bedeutung von Unternehmenskommunikation zu werten ist.

Die Kommunikationsverantwortlichen aus den Unternehmen sagen mehrheitlich aus, dass es inzwischen einen relativ hohen Professionalisierungsgrad gibt. Festgemacht wird die Professionalität z.B. an der Zusammenarbeit mit einer Agentur, die dem Unternehmen dann entsprechend professionelle Grundlagen liefert.

Die Zusammenarbeit z.B. mit einer PR-Agentur kann oder will sich allerdings nicht jedes Unternehmen leisten. Die Kosten seien inzwischen so hoch, dass Unternehmen nicht bereit sind, das oft umfangreiche Portfolio der Agenturen zu nutzen. Für die mittelständischen Unternehmen spielen in vielen Fällen Agenturen nur dann eine Rolle, wenn es um die Ausführung spezieller Maßnahmen geht. Strategisch-konzeptionelle Funktionen werden von Agenturen höchstens im Bereich der Beratung (z.B. des Vorstandes) übernommen.

In Bezug auf die kommunikativen Inhalte, die innerhalb des Unternehmens und auch als Basis der externen Kommunikation vermittelt werden, gibt es verschiedene Ansätze. Während ein Unternehmen aufgrund des sehr familiären und bescheidenen Führungsstils fast gänzlich auf Unternehmenskommunikation verzichtet, spielen bei anderen Unternehmen Inhalte aus der Führungsebene des Unternehmens eine zentrale Rolle.

Ausblick: Es ist noch viel zu tun – und der Blick über den Tellerrand hilft dabei

Die Herausforderung für den Mittelstand besteht in den nächsten Jahren darin, sich der Internationalisierung nicht nur in Bezug auf Märkte und Produktion, sondern auch auf die Kommunikation zu stellen. Eine Pauschallösung, in welcher Form dies am besten geschehen soll, gibt es dabei nicht; die wirkliche Stärke des Mittelstandes liegt auch bei diesem Thema wieder in seiner Flexibilität.

Als grundlegende Voraussetzung für ein funktionierendes internationales Kommunikationsmanagement ist das mit den Kommunikationsaufgaben betraute Personal ein entscheidender Faktor. Gerade im Mittelstand wird noch sehr selten auf professionelle Kommunikatoren zurückgegriffen. Wirkliche Weiterbildung bereits vorhandener Mitarbeiter (inklusive des Chefs), gezielte Einstellung von PR-Experten oder gut geführtes Outsourcing heißen die drei grundsätzlichen Modelle. Wie sie konkret ausgeformt werden, wird von Unternehmen zu Unternehmen anders zu entscheiden sein – unverzichtbar ist jedoch, dass die Frage gestellt und auch tatsächlich auf oberster Ebene konkret beantwortet wird.

Autor: Thomas Lüdeke