Kleine oder große Preise: Preisfestsetzung als Erfolgsfaktor

von Christian Wewezow und Christine Pörsel

Preissetzungspolitik als Maßnahme zur Ertragssteigerung

Die schlechte wirtschaftliche Lage und der große Konkurrenzdruck zwingen immer mehr Unternehmen dazu, neue Wege zur Steigerung ihrer Erträge zu beschreiten. Insbesondere in Krisenzeiten ergreifen die Verantwortlichen in Unternehmen Maßnahmen, die nur kurzfristige Erfolge versprechen und zugleich mit unliebsamen Folgen verbunden sind. Dazu gehören u.a. Auslagerungen einzelner Geschäftszweige und Entlassungen von Mitarbeitern.

Dabei werden jedoch die Möglichkeiten verkannt, die sich bei einer geschickten Preispolitik und einer Fokussierung auf unternehmensrelevante Kunden auf der Ertragsseite bieten. Forschungen und Umfragen in Großbritannien haben ergeben, dass nur wenige Unternehmen ihre Umsätze in den letzten Jahren steigern konnten. Dennoch haben viele Befragte zugestimmt, dass durch eine geschickte Preissetzungspolitik neue Gewinnpotentiale ausgeschöpft werden könnten. Nach und nach werden nun diese Möglichkeiten entdeckt, die Unternehmern auch abseits von strategischen Neuausrichtungen, Kosteneinsparungen und Angebotserweiterungen höhere Erträge versprechen.

Unternehmen müssen genau darüber informiert sein, welche ihrer Produkte Gewinne oder Verluste erwirtschaften und welchen Beitrag das Unternehmen selbst dafür erbringt. Durch die Ausschöpfung von Marktvorteilen, veränderte Entscheidungsprozesse und eine stringente Nutzung aller Preissetzungsmöglichkeiten können sich Unternehmen dann langfristig gegen ihre Wettbewerber durchsetzen. Oftmals jedoch erweisen sich die Unternehmensstrukturen und die Zuständigkeitsverteilungen als hinderlich für eine neustrukturierte Preissetzung.

Wesentliche Defizite im Bereich der Preisfestsetzung bestehen in den meisten Unternehmen auf Grund von nicht ausreichender Datenerfassung und fehlenden systematischen Verfahren zur Bestimmung von Kundenwert, Kosten und Konkurrenzpreisen. Hinzu kommt die inkonsequente Durchsetzung und Kontrolle des Preisniveaus. Oftmals werden zudem individuelle Potentiale einzelner Produkte nicht ausgeschöpft, da mehrere in Gruppen zusammengefasst werden.

Strategien für eine effiziente Preissetzung

Verschiedene Ansätze und Strategien bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Rentabilität durch effiziente Preissetzung zu erhöhen. Die wichtigsten Gruppen sind das Customer-Information-Management, Innovation und Produktführerschaft sowie die Ausbeutung struktureller Vorteile. Dazu gehören Ansätze wie die Gewährung von Rabatten, die Segmentierung bestehender Kunden, die Nutzung von Kostenvorteilen oder marginale bzw. auch signifikantere Preiserhöhungen bei etablierten Marken. (de Kare-Silver, Michael (2005): Preissetzung. In: Die besten Management-Tools. Strategie und Marketing, S. 128-130)

Wichtig ist, dass ein Unternehmen seinen Kunden und Abnehmern Anreize bieten muss, für das gleiche Produkt einen höheren Preis zu bezahlen. Dafür müssen Unternehmer frühzeitig unter Berücksichtigung der Nettorentabilität Potentiale in ihrem Produktportfolio lokalisieren und die Preissetzung sowohl vom Vertrieb als auch von der Finanzabteilung und der Leitung regeln lassen. Preissetzungsstrategien sollten auf einzelne Produktlinien ausgerichtet werden und ihre Implementierung und Durchsetzung streng beobachtet werden. Eine strategische Preispolitik setzt aber auch eine enge und wirkungsvolle Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen Marketing, Finanzen und Vertrieb in einem Unternehmen voraus.

Kundenselektion als Instrument zur Ertragssteigerung

Ebenso wie Potentiale im Preisniveau eines Unternehmens oftmals nur unzureichend ausgeschöpft werden, wird auch die Effizienz von Kundensegmentation und -selektion in vielen Fällen unterschätzt. Ein Kunde bietet für ein Unternehmen nur dann einen Mehrwert, wenn er auch aktiv Leistungen oder Produkte abnimmt. Gemäß der 80:20-Regel erbringen weniger als die Hälfte der Kunden und Produkte eines Unternehmens fast seinen gesamten Umsatz und Gewinn. Für Unternehmer bedeutet dies, dass sie – aus der Kosten-Nutzen-Analyse heraus – ihren Kundenstamm und ihre Produktpalette in Hinblick auf ihr Gewinnpotential untersuchen müssen. Andernfalls verursachen sie unnötige Kosten bei vergleichsweise geringem Mehrwert und andere wertvolle Ressourcen, die in gewichtigere Kunden und Produkte investiert werden könnten, bleiben stattdessen ungenutzt.

Ungenutzte Potentiale als Erfolgsrezept

Für alle Unternehmen gilt: Eine effiziente Preissetzung und Kundenselektion sowie die Ausschöpfung sämtlicher Potentiale zur Ertragssteigerung können die Rentabilität auch in Krisenzeiten noch erhöhen. Unternehmen müssen dafür aber genaue Kenntnis darüber besitzen, wo sie sich am Markt befinden und welche Segmente und Produktfelder sich noch zusätzlich erschließen lassen. Wichtig ist die Konzentration auf das Wesentliche: auf Kunden, die dem Unternehmen den größten Nutzen bringen und umsatzstarke Produkte, deren Preise oberhalb der Gewinnschwelle liegen.

Zugleich muss aber gewährleistet sein, dass neue Maßnahmen obligatorisch verabschiedet und in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Nur so können frühzeitig Anpassungen vorgenommen werden und langfristige Ertragssteigerungen erzielt werden.